In einer Zeit, in der das Thema Migration erneut im Fokus steht und die Erinnerung an die DDR-Vergangenheit verblasst, widmet sich ein neues Projekt in Erfurt einem oft übersehenen Kapitel deutscher Geschichte: den Erfahrungen der Vertragsarbeiter. Unter dem Titel „Stimmen der Vertragsarbeiter“ schafft die Initiative eine einzigartige Plattform für den Dialog zwischen Generationen und Kulturen.
Das Projekt beleuchtet die persönlichen Geschichten von Zeitzeugen, die als Vertragsarbeiter in die DDR kamen und hier lebten. „In einer schnelllebigen Welt, in der Informationen nur einen Klick entfernt scheinen, ist es uns wichtig, das Zuhören wieder in den Mittelpunkt zu rücken“, erklärt Projektkoordinatorin Franziska Pullmann von Soziale Dienste und Jugendhilfe gGmbH. „Gerade jetzt, da Migration wieder kritisch betrachtet wird, ist es unsere Aufgabe, den Zeitzeugen aus dieser Zeit zuzuhören und ihre Erfahrungen zu teilen.“
Das Projekt stellt zentrale Fragen in den Vordergrund: Welche Vorstellungen hatten die Vertragsarbeiter von der DDR? Welche Wünsche brachten sie mit? Wie erlebten sie das Leben in einem fremden Land und wie nahmen sie die Wende wahr?
Bisher konnten drei engagierte Zeitzeug:innen aus Mosambik und Vietnam gewonnen werden, die ihre Erlebnisse mit den Projektteilnehmenden teilen. Die Gruppe der Teilnehmenden ist vielfältig und setzt sich aus Menschen unterschiedlichen Alters und mit verschiedenen Erfahrungen bezüglich der DDR zusammen. Besonders bereichernd ist die Teilnahme von Personen mit eigener Migrationsgeschichte der ersten oder nachfolgenden Generationen. Sie können die Erzählungen der Zeitzeugen aus einer neuen Perspektive wahrnehmen und mit ihren eigenen Erfahrungen vergleichen – etwa in Bezug auf den Kontakt zu Deutschen damals und heute, oder die Unterstützung bei Integration und Spracherwerb.
Der Dialog zwischen den Generationen wird in vier Podcastfolgen festgehalten, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus sind eine Podiumsdiskussion und weitere Exkursionen auf den Spuren der DDR-Geschichte geplant, darunter ein Besuch der Gedenkstätte Andreasstraße in Erfurt.
„Wir haben nur ein kleines Zeitfenster, um diesen Zeitzeugen zuzuhören“, betont die Projektleitung. „Diese Chance zu verpassen, würde bedeuten, ein wichtiges Stück Geschichte zu verlieren. Es ist eine einmalige Gelegenheit, Geschichte in all ihren Facetten direkt von der Quelle zu erfahren und langfristig zu lernen, was Migration in zwei Systemen und zwei Ländern bedeutet.“
Das Projekt lädt alle Interessierten herzlich ein, an dieser wichtigen Initiative teilzunehmen und die persönlichen Geschichten der Vertragsarbeiter kennenzulernen.
Kontakt für Interessierte:
E-Mail: f.pullmann[at]soziale-dienste-jugendhilfe.de
Mobil: 0176 97713510
Erfurt 12.06.2025