Raus aus dem Regen – Ein Workshop zu Traurigkeit und Depression bei Kindern und Jugendlichen

„Stell dich nicht so an.“ und „Das ist doch nicht so schlimm.“ sind Sätze, die an Depressionen erkrankte Menschen leider immer noch viel zu häufig hören müssen. Gerade bei Kindern und Jugendlichen werden Anzeichen einer Depression häufig übersehen oder als pubertäre Stimmungsschwankungen abgetan: Depressionen haben damit nichts zu tun, denn die bekommen nur Erwachsene. Diese Annahme ist jedoch schlichtweg falsch.

In unserer hybriden Workshopreihe Raus aus dem Regen, einer Kombination aus Online- und Präsenzveranstaltungen, die von einer gleichnamigen Homepage mit vielen Tipps und Hilfsangeboten flankiert wird, räumen wir mit diesen falschen Annahmen auf. Dr. Günter Toth, Diplom Psychologe und Leiter des bayerischen Instituts für Prävention, Jugendschutz und Glücksspiel unterstützt uns dabei mit seiner fachlichen Expertise.

Am 22. November fand eine dieser hybriden Veranstaltungen bei Wir sind Paten Saarbrücken in Kooperation mit Die jungen Denker e.V. statt.

Nach einer kurzen Einführung kam Dr. Toth schnell auf den Zusammenhang zwischen einem Anstieg an Depressionen und den Einschränkungen der Covid-Pandemie: „Wir müssen uns durch die politisch verhängten Maßnahmen einschränken. Grenzen, die uns zeigen: Das geht jetzt nicht mehr. Sich allein zu fühlen ist ein Punkt der Krankheit. Man fühlt sich nicht mehr zugehörig. Die mögliche Vereinsamung durch Corona trägt zur Ausbildung von depressiven Phasen bei und so müssen wir gemeinsam Lösungswege finden, um die Gefahr der Vereinsamung aufzubrechen.“ Als Maßnahmen gegen die Vereinsamung nannte Dr. Toth beispielsweise Videochats mit Freund*innen und Spieleabende in der Familie denn: „Gemeinsam Spaß zu haben und zu lachen ist wichtig, um den dunklen Momenten entgegenzuarbeiten.“

Die Zahlen belegen Dr. Toths Einschätzung: Vor Corona litten schätzungsweise ca. 10% aller Erwachsenen an Formen von Depressionen. Bei Kindern waren es sogar ca. 16%. Die Einschränkungen, die mit Corona einhergingen, haben dazu geführt, dass die Symptome sich verfünffacht haben.

Dabei können Sätze wie: „Papa, ich hab heute keine Lust. Ich möchte heute nicht. Ich bleibe Zuhause.“ wichtige Indikatoren für eine beginnende Depression bei Kindern und Jugendlichen sein. Auch körperliche Symptome wie Bauch- oder Kopfschmerzen zählen bei ihnen zu den Anzeichen einer Depression. Natürlich ist nicht jede Lustlosigkeit im Teenageralter eine Depression, aber Dr. Toth wies darauf hin, dass Eltern ihr Kind beobachten  sollten, wenn sich eine solche Phase über Wochen ziehe. Eine Depression kann wie ein Sumpf oder ein Schneckenhaus sein: Je weiter alles voranschreitet, je mehr man sich in der Traurigkeit verliert, desto schwieriger wird es, aus all dem wieder herauszukommen. Es heißt also: frühzeitig handeln!

Doch Dr. Toth hat nicht nur auf Symptome und Auslöser aufmerksam gemacht, sondern auch umfassend die Fragen der Teilnehmen*innen beantwortet und Wege aufgezeigt, die den Betroffenen helfen aus ihrem Schneckenhaus heraus zu kommen. Ein Anfang sei es, die positiven Dinge, die uns im Alltag begegnen auch aktiv wahrzunehmen. Kreisen die Gedanken den ganzen Tag nur um negative und bedrückende Dinge, ist es gar nicht so einfach die Frage „Was habe ich heute Schönes erlebt?“ zu beantworten. Auch Menschen, die nicht an Depressionen erkrankt sind, sollten sich diese Frage täglich stellen, betonte Dr. Toth, denn er sähe jeden Tag so viele mürrische und in sich gekehrte Gesichter.

Eine wichtige Frage, die gestellt wurde, war: „Was mache ich, wenn ich als Elternteil den Zugang zu meinem Kind in diesem Thema nicht finde oder Bedenken habe, dass es sich dann noch weiter zurückzieht?“ Dr. Toths Antwort gibt den Eltern einen Ansatzpunkt: „Wenn Sie das Gefühl haben, mit ihrem Kind nicht über dieses Thema sprechen zu können, fragen Sie eine Person, die ein sehr gute Beziehung zu ihrem Kind hat. Ob das die Tante, der Opa oder ein enger Freund der Familie ist, ist dabei erstmal egal. Wichtig ist, dass ihr Kind dieser Person vertraut und offen mit ihm oder ihr sprechen kann.“

Doch egal, wie Sie an die Sache herangehen, wichtig ist es, Depressionen ernst zunehmen und auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn es nötig ist. Spielen Sie die Gefühle der betroffenen Person nicht herunter, sondern seien Sie als Unterstützung da und helfen Sie, wenn Hilfe angefragt oder nötig wird.

Wir sorgen uns immer um die Gesundheit unserer Kinder. Wir kleben Pflaster, kochen Tee und decken sie zu. Also warum nicht auch auf die mentale Gesundheit unserer Kinder achten? Sie ist mindestens genauso wichtig!

Weitere Informationen finden Sie unter:

www.raus-aus-dem-regen.de
www.deutsche-depressionshilfe.de

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